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Die Kunst des Marketing02.10.2023

Weltweit präsentieren täglich Tausende Künstler*innen ihre Arbeiten in Galerien, selbst organisierten Ausstellungen, Kunstvereinen, Museen, Auktionshäusern, in Katalogen, auf Online-Portalen und zahlreichen weiteren Plattformen. Um innerhalb dieser Fülle an Künstler*innen und Kunstwerken auf sich aufmerksam zu machen, um sich abzuheben und wahrgenommen zu werden, ist es gegenwärtig unverzichtbar, sich selbst zu vermarkten. Eine klare Positionierung und eine gezielte Marketingstrategie verschaffen Eindeutigkeit im Auftritt und Sicherheit bei der Akquise von Kund*innen. Sie sind der rote Faden, der das Unternehmen Kunst strategisch wachsen lässt und gezielt zum Erfolg führen kann.

Aber was bedeutet es, sich am Markt zu positionieren? Zunächst einmal bedeutet es, sich von der Illusion zu befreien, die Kunst sei eine Welt fernab der Markwirtschaft. Der Kunstmarkt steht marktwirtschaftlich vor den gleichen Herausforderungen wie jeder andere Markt von Konsumgütern. Ebenso wie alle anderen Märkte ist auch der Kunstmarkt übersättigt. Darüber hinaus wächst die Zahl der Kunstschaffenden kontinuierlich und konstant. Potenzielle Käufer*innen werden aus allen Richtungen mit Informationen überflutet. Um sich aus der Menge hervorzuheben, sollten dementsprechend auch Künstler*innen gezielt die Möglichkeiten des Marketing nutzen.

Produkthersteller*innen großer Unternehmen kämpfen mit harten Marketingbandagen um die Anerkennung potenzieller Abnehmer*innen. Firmen wie Coca-Cola, Apple oder Volkswagen geben sich nicht der Illusion hin, dass die Konsument*innen sie von selbst entdecken. Sie nutzen die Kraft des Marketing zur Kundengewinnung. Und wir, die Verbraucher*innen, leben damit. Wir respektieren diese Form der Vermarktung und lassen uns hier und da auch für das ein oder andere Produkt gewinnen oder gar davon verführen.

Und das, was für große Unternehmen gilt, gilt auch für Soloselbstständige, denn auch auf sie werden Kund*innen selten von selbst aufmerksam. Wer gesehen werden möchte, muss sich ins Spiel bringen. Dementsprechend ist die Kunst des Selbstmarketing für all die Künstler*innen von Bedeutung, die mit ihrem Produkt, d. h. ihrem Werk, Beachtung erzielen und vom Verkauf ihrer Kunst leben wollen.

KUNST- UND KULTURMARKETING

Allerdings unterscheidet sich das Kunst- und Kulturmarketing vom klassischen Marketing. Im Gegensatz zur herkömmlichen Marktwirtschaft, in der die Entwicklung von Produkten an den Bedarf der Konsument*innen angepasst wird und ein Unternehmen bemüht ist, einen bereits vorhandenen Konsumbedarf abzudecken, erschaffen Künstler*innen ihr Produkt vollkommen frei und unabhängig. Kunst wird nicht produziert, um die Bedürfnisse der Kund*innen zufriedenzustellen. „Das ursprüngliche Ziel“, so zitiert François Colbert in seinem Buch Kultur- und Kunstmarketing den amerikanischen Autor und Kunstmarketing-Strategen Keith Diggle, „besteht nicht darin, die Bedürfnisse der Konsumenten zufriedenzustellen, sondern den Konsumenten dazu einzuladen, ein Werk kennen- und schätzen zu lernen.“ (1) Das Erschaffen von Kunst ist ein freier und unabhängiger Akt. Kunst entsteht, weil Künstler*innen der Welt etwas mitzuteilen haben, weil sie eine gesellschaftliche, eine politische, eine ästhetische oder sonst eine Botschaft haben. Künstler*innen schaffen also in einem ersten Schritt ein Produkt und versuchen erst dann, in einem zweiten Schritt, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu gewinnen, um hier Begehrlichkeiten zu wecken.

Die Aufgabe des Kunstmarketing ist es also, die Werke der Kunstschaffenden durch eine bewusste Positionierung und eine präzise Marketingstrategie zu ihrem Publikum, sprich zu ihrer Zielgruppe (vgl. Kapitel 9 Definiere deine Zielgruppen), zu führen. Es geht darum, anstelle einer passiven Rolle und des Wartens auf potentielle Käufer*innen, eine aktive Rolle bei der Vermarktung des eigenen Werkes zu übernehmen.

KÜNSTLER*innen SIND PERSONENMARKEN

An dieser Stelle erscheint es sinnvoll, den Begriff der Marke präzise zu definieren. „Der im Marketing verwendete Begriff Marke (engl. brand) steht für alle Eigenschaften und Merkmale, in denen sich Wirtschaftsobjekte, die mit einem Markennamen in Verbindung stehen, von konkurrierenden Objekten anderer Markennamen unterscheiden. Die Objekte sind klassischerweise Waren (Handelsmarken) und Dienstleistungen, zunehmend aber auch Unternehmen, Personen, Kommunen und Sportteams.“ (2), heißt es auf Wikipedia. Die Marke bietet also die Möglichkeit der Unterscheidung. Sie erlaubt es, Qualitäten, Eigenheiten und Einzigartigkeiten eines Werkes hervorzuheben, und dadurch das eigene Produkt gegenüber der Konkurrenz abzugrenzen.

Künstler*innen sind Personenmarken oder auch Personal Brands. Das heißt, dass das Marketing über die Person und ihren Namen läuft. Mit Ausnahme der Kunstschaffenden, die sich ausschließlich über ihr Produkt vermarkten. Was allerdings, wenn es denn überhaupt passiert, eine Ausnahme ist. Aber was genau impliziert eine Personenmarke? Die Personenmarke wird auf der Identität einer Person aufgebaut und entsteht aus dem Kern der Persönlichkeit, der Authentizität des Charakters, den persönlichen Fähigkeiten, den Überzeugungen und der Haltung. Das bedeutet, dass Künstler*innen auf der einen Seite mit ihrem Produkt, also mit ihrer Malerei, Zeichnung, Skulptur, Fotografie, Video, Performance etc., überzeugen, und auf der anderen Seite mit ihrem authentischen Auftreten und ihrem emotionalen Werteversprechen. Dadurch gibt die Marke dem Unternehmen Kunst ein Gesicht, eine Identität. Die Marke steht also für die Bedeutung des Produktes, für die Haltung derdes Künstlerin und für die Emotionen, die sie bei ihren Abnehmer*innen auslösen.

QUELLENANGABEN

(1) François Colbert: Kultur- und Kunstmarketing, Springer, 1999, S. 14
(2) wikipedia.org/wiki/Marke_(Marketing), abgerufen 01.06.2022